Von Moria und Moral
13.000 Menschen in einem Camp, das für 3.000 Menschen ausgelegt war. Moria. Menschen, die aus teilweise sehr schwierigen Verhältnissen gekommen sind und viel auf sich genommen hatten, um am Ende hier zu stranden. Dass das nicht gut gehen konnte, hätte allen Verantwortlichen klar sein müssen. War es wahrscheinlich auch. Und trotzdem liefen die Verhältnisse vor Ort so weiter. Monatelang. Jahrelang. Vielleicht auch weil die europäische und auch die deutsche Öffentlichkeit nicht hinschauen musste, wenn sie nicht wollte. Bis das Lager in Flammen stand. Der Brand war ein Signal, ein Inferno am Außenrand des Kontinents, der in Form der EU als einziger den Friedensnobelpreis erhalten hat. Seine Flüchtlingspolitik ist alles andere als preisverdächtig. Im Gegenteil, von ihr steigt Rauch auf. Europa lässt Flüchtlinge und Griechen im Stich. Das Elend in den überfüllten Lagern überfordert viele Menschen dort, die eigentlich immer hilfsbereit waren. Doch während wir hier in Deutschland die Not vor Ort ignorieren können, weil es knapp 3000 Kilometer weit weg passiert, sind die Griechen mit dem Leid der Flüchtlinge und ihrem Frust direkt konfrontiert. Deutschland kann das Flüchtlingsproblem alleine nicht lösen, das betont Bundesinnenminister Seehofer seit Monaten. Das mag sein. Aber Deutschland kommt jetzt eine wichtige Aufgabe zu: Unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft muss sich dringend etwas ändern, Europa muss dringend an einem Strang ziehen, endlich eine kohärente und effektive Flüchtlingspolitik an den Start bringen. Und bis dahin könnte Deutschland mit einer Allianz der Willigen möglichst viele Menschen aus Moria, und vielleicht auch aus anderen überfüllten Lagern herausholen und Griechenland entlasten. Die Werte Europas endlich umsetzen, die Genfer Flüchtlingskonvention – das forderte bei Anne Will Manfred Weber, der stellvertretende Parteivorsitzende der Konservativen im Europäischen Parlament. Gleichzeitig fordert er aber auch eine konsequente Rückführung derjenigen, die keinen Asylgrund haben. Zwei Seiten einer Medaille, sagt Weber. Von der aber vor allem die eine Seite noch stumpfer ist, als die andere. Wirklich glänzen tut hier nichts. Vor allem nicht die humanitäre Seite. 100 bis 150 Jugendliche sollen nach Deutschland kommen dürfen, hieß es Ende letzter Woche. Heute heißt es die Bundesregierung will bald entscheiden, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Vor allem Familien mit Kindern. Das wäre ein gutes und wichtiges Signal. Denn, so schreibt es der österreichische Schriftsteller Karl Heinrich Waggerl: „Wer nichts Böses tut, hat damit noch nichts Gutes getan.“ Oder in den Worten Molières: „Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“ Das gilt für die deutsche Regierung, noch mehr aber für DIE europäischen Regierungen, die seit Jahren jede gemeinsame europäische Verantwortung ausbremsen.